Christoph V. Kaiser: Bass Professor 04/2002

Christoph Victor Kaiser (Jazz Pistols)

Seit ein paar Jahren strahlt ein neuer Stern am Internationalen, speziell aber am deutschen Fusionhimmel. Die Jazz Pistols verbinden auf ihren drei bisherigen Alben bekannte Titel aus dem Genre wie Birdland oder Spain mit Eigenkompositionen, die von verschiedensten Stilistiken oder Künstlern inspiriert sind. Christoph Victor Kaiser liefert dazu das bassige Fundament, aber auch Akkorde und Melodien und das alles natürlich unheimlich groovy. Ove Bosch traf den überzeugten Fodera-Spieler im Studio des Trios im schönen Odenwald.

BP: Guten Tag, der Herr! Lass uns kurz die obligatorischen Geschichten abfrühstücken. Schildere mir doch bitte deinen musikalischen Werdegang.

CVK:»Ich bin Jahrgang 1971 und habe mit sechs Jahren angefangen Klavier zu spielen. Mit elf habe ich dann gewechselt zum Violoncello. Das habe ich über zehn Jahre gespielt in diversen Orchestern. Meine Ausbildung war also ziemlich klassisch. Zum Bass bin ich mit sechzehn am Gymnasium gekommen, als mich mein Musiklehrer ansprach. der einen Bassisten für die Bigband suchte. Er meinte, das würde sicher gut passen, da ich ja schon Cello spielte und beide Instrumente vier Saiten hätten. Das die Stimmung unterschiedlich ist, hat er mir natürlich nicht verraten. Es ging dann eigentlich alles recht zügig. Da meine linke Hand ja schon gut trainiert war, konnte ich mich auf die rechte konzentrieren. Notenlesen konnte ich auch schon. Ich habe mir über jede Note den Bund geschireben, an dem ich herunterdrücken musste. Über die Position der Note konnte ich dann erahnen auf welcher Saite der Ton lag. Anhand dieses Nummernsystems habe ich dann den Bass relativ schnell erkundet. Nach einem Jahr kam ich bereits in eine Band, die anspruchsvollen Jazzfusion spielte. Die Musiker waren alle Kumpels von mir, aber an ihren Instrumenten wesentlich besser. Das war dann ein guter Ansporn, man kann es sich ja eigentlich nur wünschen, mit Musikern zu spielen, die besser sind als man selber…«

BP: Wie bist du denn dann zu deinem Stipendium in Berklee gekommen?

CVK: »Berklee war natürlich schon immer mein Traum. Es wird wohl vielen deutschen Musikern so gehen, dass sie gerne mal nach Amerika rüberschnuppern würden. Das war lange Zeit unerreichbar, vor allem aus finanziellen Gründen, obwohl die Schule damals im Gegensatz zu heute sogar noch einigermaßen erschwinglich war. Es gibt da zwei Möglichkeiten an ein Stipendium zu kommen. Einmal machen die immer ihre Worldtours, d.h. sie gehen in eine bestimmte Stadt an eine Musikschule, lassen sich von interessierten Schülern was vorspielen und wenn da etwas Außergewöhnliches dabei ist, wird der oder diejenige halt engagiert. Die ander Möglichkeit, und so habe ich es auch gemacht, ist, eine Kssette hinzuschicken. Da müssen dann Sachen mit der Band drauf sein, Coverversionen und Etüden. Ich habe dann eine Cellosuite von Bach draufgeknallt, da ich die ja vom Cello eh schon konnte und auch auf dem Bass schon probiert hate. Das habe ich eigentlich nur gemacht, um mein Gewissen zu beruhigen und sagen zu können, ich hätte es versucht. Ich habe da dann auch nicht weiter drüber nachgedacht. Eineinhalb Jahre später kam dann tatsächlich ein Brief mit der Zusage. Mir wurde ein Teilstipendium angeboten, d.h. es wurde mir ein großer Teil der Studiengebühren erlassen.
Ich war dann aber nur für zwei Semester drüben, da mir damals schon die Jazz Pistols viel zu wichtig waren, als dass ich hätte drei bis vier Jahre in Amerika bleiben können. Die Band gab es zu der Zeit ja schon, wir hatten auch schon unsere erste CD produziert.«

BP: Lass uns über deine sehr bemerkenswerte Tappingtechnik sprechen. War dir deine Klavierausbildung im Bezug auf Harmonien und auch Unabhängigkeit der Hände hilfreich?

CVK: »Ich muss gestehen, dass das Klavier nicht meine große Liebe war. Außerdem lag es schon zu lange zurück. Victor Wooten war es eigentlich, der mich darauf gebracht hat, allerdings zu einer Zeit, als ihn hier in Deutschland noch kaum einer kannte. Ich habe dann mit Ivan (Gitarrist der Jazz Pistols) angefangen, einige Bela Fleck-Stücke im Duo zu spielen, und es hat mir sehr gut gefallen, dass ich auf dem Bass ein bisschen mehr machen konnte als nur Grundtöne zu verschieben. Als es dann darum ging, Songs für unsere erste CD zu schreiben, habe ich versucht, das mit einzubringen. Dabei bin ich aber nie besonders harmonisch vorgegangen. Ich habe mir nicht überlegt, dass ich jetzt die Terz, die Sexte und die None brauche, sonder bin eher soundmäßig vorgegangen.
Es hat mich auch nie gereizt, im Stile von Billy Sheehan die Tappingtechnik gitarristisch zu nutzen, also für solistische Zwecke, um besonders schnell zu sein. Viel her reizt mich die Möglichkeit; noch hinter der Gitarre eine Harmonie aufzubauen. Dazu bietet sich dann natürlich insbesondere der Sechssaiter an.
Generell darf man so etwas nur im passendend Rahmen machen. Im Trio bei den Jazz Pistols ist es klasse. Sobald ein Keyboard dabei ist, würde von mir die Daseinsberechtigung dieser Spieltechnik doch stark angezweifelt werden. Dann sollte man sich eher auf den Bass konzentrieren und den Groove schieben.«

BP: Das machst du doch nebenher auch noch ganz vernünftig…

CVK: »Ja, das funktioniert inzwischen ganz gut. Daran hat aber auch wieder die Tappingtechnik erheblichen Anteil. Wenn man, wie ich, in einem Powertrio spielt und nicht tappt, würde man wahrscheinlich wesentlich mehr Töne hineinpacken, um den Platz aufzufüllen, den diese Besetzung nun mal eben gibt. Durch das Tappen hat sich bei mir diese Problematik nie ergeben. Ich spiele eher ruhigere Basslinien, die trotzdem ganz ordentlich grooven unddas gibt dann mir den Akkorden eine schöne Einheit.«

BP: Du bist ja Fodera-Endorser. Wie kam der Kontakt zustande?

CVK: »Das ging über den Chef von DR Strings, die ich ebenfalls endorse. Wir trafen uns vor Jahren auf der Messe in Frankfurt und es entwickelte sich eine Beziehung. Er war sehr interessiert daran, was in Deutschland musikalisch so abgeht und ich habe die Möglichkeit, diese Spitzensaiten ziemlich günstig zu beziehen. Er hat dann irgendwann bei Vinnie Fodera angerufen und gesagt, dass es da einen Deutschen gibt, der sich für seine Bässe interessiert. Ich habe direkt Kontakt aufgenommen, eine CD hingeschickte und so ging das.«

BP: Der Fodera-Test in unserer letzten Ausgabe hat zu einer heftigen Diskussion über Sinn und Unsinn derart teurer amerikanischer Instrumente geführt, wo doch in deutschen Landen die Bassbauerzunft so stark und gut vertreten ist. Wozu brauchst du einen Fodera?

CVK: »Man bekommt, je länger man ein Instrument spielt, eine ziemlich genaue Vorstellung davon, wie man klingen möchte. Ich will einen edelen Sound mit Tranzparenz und Klarheit. Das gibt mir ein Fodera. Das würde mir eventuell auch ein deutscher Bass geben, aber um das beurteilen zu können, habe ich noch zu wenige gespielt. Ich möchte auch nicht die deutschen Bassbauer abwerten. Fodera hat jahrelang mit diversen Leuten seine Bässe weiterentwickelt, die mir als Musiker viel bedeuten und deren Sound meinem Ideal recht nahe kommt, z.B. Victor Wooten oder auch Anthony Jackson. Außerdem habe ich meine beiden Foderas zu einem außergewöhnlich günstigen Kurs bekommen, das hätte ich auch für einen Bass aus deutschen Lande bezahlt. Weißt du, für mich ist ein Bass ein Arbeitsgerät, denn ich bin Musiker. Er muss zuverlässig sein und gut klingen. Ich habe auch nur die zwei Foderas. Einen Imperial Sixstring bundiert und einen als Fretless. Ich sammele keine Instrumente, wie das viele andere machen. Wenn man die Preise von E-Bässen mit denen klassischer Instrumente vergleicht, kann man sich eigentlich nur glücklich schätzen. Was bei uns E-Bassisten das Höchste der Gefühle ist, da liegen im Klassikbereich noch die Schülerinstrumente.«

BP: Erzähl´mir noch ein bisschen was über deine Arbeit mit den Jazz Pistols. Du setzt ja live keine Bassanlage ein. Was habt ihr für ein Soundkonzept?

CVK: »Ja, das stimmt, ich spiele live mit den Pistols seit einiger Zeit ohne Bassanlage. Ich benutze einen Preamp und einen Kompressor von Demeter und gehe dann direkt in unser Roland-Digitalpult. Da ich auch öfters mal per Midi-Pickup synthetische Sounds abrufe und die auch adöquat wiedergegeben werden müssen, war diese Lösung naheliegend. Wir benutzen In-Ear-Monitoring. Das ist ein sehr akkurates System; da hört man jede Kleinigkeit, die sonst vielleicht untergegangen wäre. Mit dem Mischpult können wir immer alle Einstellungen abspeichern und jeder hat seinen eigenen Stereomix. Wir können also auf jeder Bühne, egal wie groß der Laden oder das Festival ist, den gleichen Sound an den Mischer geben. Im Normalfall mischen wir selber, so hast du die bestmögliche Kontrolle über das, was über unsere JM-Audio PA beim Zuhörer ankommt. Bei Gigs mit Uwe Ochsenknecht, den wir als Backingband häufig begleiten, setze ich allerdings mit zwei 4×8″ JM-Audio Bassboxen und einer QSC-Endstufe meine richtige Bassanlage ein, weil daa die Bühnen doch sehr groß sind und kein In-Ear-Monitoring verwendet wird.«

BP: Ihr spielt im Herbst zwei Tourneen für das Goethe-Institut. Wohin geht die Reise und wie kam´s?

CVK: »Da haben sich in der Tat zwei sehr schöne Sachen ergeben. Im Oktober gehen wir für drei Wochen nach Süd- und Ost-Afrika. Madagaskar, Zimbabwe, Sambia, Südafrika, Kenia, Uganda, Namibia und Botswana stehen auf dem Plan. Im November geht es dann auf den Balkan nach Mazedonien, Jugoslawien und Kroatien für eine zehntägige Tour. Das ist wirklich eine besondere Gelegenheit. Solche großen Tourneen werden vergeben und organisiert von der Zentrale des Goethe-Instituts in München. Es wird alles vom Institut organisiert, wir müssen lediglich unsere Visa an den Start bringen und uns impfen lassen.
Das passiert alles auch in einer wichtigen Phase für die Band, da sich das Team sehr gut entwickelt hat. Jetzt kommt nach und nach die Anerkennung des Publikums und das ist wirklich ein gewaltiger Ansporn, so weiter zu machen. Die Jazz Pistols sind eine Band, die längerfristig ausgelegt ist, wir wollen regelmässig CDs aufnehmen, viele Gigs spielen und einfach unsere Musik machen.«

BP: Auch wenn die Anerkennung duch das Publikum größer wird und die Verkaufszahlen sich sehen lassen können – reich wird man doch von Fusionmusik sicher nicht. Von was lebst du als Musiker?

CVK: »Zunächst einmal habe ich mir einen recht bescheidenen Lebensstil angeeignet. Ich rauche zum Beispiel nicht, was ja schon einiges Geld spart – das geht dann allerdings woanders wieder drauf. Ich gebe ein bisschen Unterricht und leite eine Bigband an einem Gymnasium. Neben den Gigs mit den Jazz Pistols wären da noch einige Auftritte mit Uwe Ochsenknecht und ab und zu auch Aushilfen bei Jule Neigel, wenn Frank Itt mal nicht kann. Oft spiele ich auch andere Jazzgigs oder auch Aushilfen für andere Bands. Ich versuche stilistisch offen zu bleiben. Ich komme also über die Runden.«

BP: Danke für das informative Gespräch und alles Gute für dich und die Jazz Pistols!

CVK: »Ich danke dir! Bis dann.«

Text:
Ove Bosch – Bass Professor

 

Tag Cloud:

By Jazz Pistols

Leave a comment