Concert Review: Jazzclub Öhringen 10/17

Eleganz und Punk-Funk

Jazz Pistols beeindrucken ihr Publikum beim Jazzclub im Haus an der Walk

Öhringen – „Wir spiegeln die Welt wieder, und die ist eben auch live und laut“, warnt Drummer Thomas Ludwig das Jazzclub-Publikum vor dem Konzertbeginn. Der Unterschied: Die Lebendigkeit der Jazz Pistols ist in ihrer musikalisch-technischen Bandbreite faszinierend, und ihre Lautstärke überdeckt keine Inhalte, sondern ist den Erfordernissen angepasst.

Das Trio aus dem Rhein-Neckar-Raum – neben Ludwig mit Stefan Schäfer an den Gitarren und Christoph Kaiser am Bass – spielt so beweglichen wie intensiven Jazzrock, der knifflige Strukturen und große Improvisationsfertigkeiten erkennen lässt. So können sich innerhalb kurzer Zeit warme Klänge, eleganter Gitarrenjazz und progressiver Punk-Funk nahezu bruchlos abwechseln.

Mahlstrom „Superstring“, an sich ein astronomischer Begriff, beginnt hart und schnell, kippt dann aber ins weit Atmosphärische, das vor allem von den Effekten des Gitarrensynthesizers zu einer Art von Mahlstrom gemacht wird. Ähnlich programmatisch ist „Pinguin“, das wie ein Film zu Brehms Tierleben unvorhersehbare Bewegungsänderungen aufzeigt.

Der Titel „Twenty“ verrät allerdings wenig über sein komplexes Arrangement, da bei allen Akkorden und Loops die Soli der Musiker sowohl hintereinander als auch nebeneinander abzulaufen scheinen – und gleichwohl ineinandergreifen. Spannend ist dabei auch, wie Schäfer zwischen weichen und scharfen Tönen pendelt. Kaiser mit beiden Händen auf dem Griffbrett seines Sechs-Saiten Basses wie auf einem Keyboard spielt und Ludwig traumhaft sicher alles zusammenhält.

Zwischendurch verwendet Stefan Schäfer die akustische Gitarre für zwei Jazzballaden, bevor er mit seinen Kollegen zu Hochstrom und akzentuierter Rhythmik zurückkehrt und dabei auch mal an Jeff Beck erinnert.

Die Klimax des Abends ist dann „Chick San“, ein rund 20-minütiges Opus mit so schnellen Tonfolgen, häufigen Takt-, Rhythmus- und Stimmungswechseln. Schäfer produziert mit dem Gitarrensynthi wundersam schillernde Klangwolken und mehrstimmige Alien Gesänge, die einen glauben machen, einer Science-Fiction-Vertonung beizuwohnen.

Hörerlebnis – Nicht jedes Konzert ist ein lohnendes Hörerlebnis, dieses indessen ganz sicher. Streckenweise mag es durch den Energy-Jazz, für den das Trio steht, an die Grenzen der Belastbarkeit führen. Doch am Ende wischt man sich, wie auch die Musiker, beglückt den Schweiß von der Stirn.

Von Michael Dignal

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