Christoph Victor Kaiser: Bass Professor 01/07

BP: Hallo Christoph! Ihr habt mit den Jazz Pistols soeben eure neue CD fertiggestellt, „Jazz Pistols live“. Was kannst du uns darüber erzählen?

CVK: Hallo Lars, unsere Live-CD ist während eines einzigen Konzerts im Darmstädter Schlosskeller entstanden – einem Club in unserer Nähe, den wir aufgrund seiner Atmosphäre und Nähe zum Publikum sehr mögen. Wir haben unser komplettes Studioequipment in den Club verfrachtet, um den Gig mit dem bestmöglichen Sound aufzunehmen. Wir wollten bewusst die Dynamik eines einzelnen Auftritts einfangen und haben daher nur auf diese eine Karte gesetzt – also kein Tourzusammenschnitt von verschiedenen Locations. Mit knapp 80 Minuten ist die CD bis zum Rand gefüllt.

BP: Auf der Scheibe sind mit „Birdland“ und „Teen Town“ zwei offensichtliche Hommagen an Jaco Pastorius. Wie würdest du Jacos Einfluss auf dein Spiel beschreiben?

CVK: Mit „Palladium“ von Wayne Shorter sogar ein drittes – und lustiger Weise stammen die drei alle von einer Platte –„Heavy Weather“ von Weather Report. Es ist nicht so, dass wir nur diese Platte kennen würden oder jetzt alle Stücke davon durchmachen wollten – es hat sich nur gezeigt, dass sich diese Kompositionen gut für unsere Besetzung umsetzen ließen – zumindest in unserem Stil – und es macht jede Menge Spaß sie zu spielen, da es ausdrucksstarke Kompositionen sind. Ich würde es allerdings weniger als eine Hommage nur an Jaco, sondern vielmehr eine an Weather Report sehen. 

Wenn heutzutage ein Bassist  behauptet, er wäre nicht von Jaco beeinflusst, kann man davon ausgehen, dass es nicht stimmt. Auch wenn man noch nie etwas von der Person Jaco gehört hat, kommt man an seinem Einfluss nicht vorbei. Ob es nun John Patitucci, Flea, Marcus Miller, Victor Wooten oder Gary Willis ist – sie haben alle ihre Portion Jaco abbekommen und die nimmt man unweigerlich auf, wenn man sie hört. Jaco ist nicht unbedingt mein Haupteinfluss – bei der Definiton des eigenen Sounds ist letztendlich eine Mischung aus verschiedenen Vorlieben entscheidend, bei der auch die Bassisten eine Rolle spielen, deren Stil einem weniger zusagt.

BP: Was passiert denn ansonsten gerade bei den Jazz Pistols?

CVK: Wir haben mit Cherrytown Records unser eigenes Label gegründet, auf dem wir nun als erste CD unsere neue Live-CD herausgebracht haben. Die anderen drei CDs sind auch über uns erhältlich, da wir alle Rechte von unserem früheren Label zurückbekommen haben. Allein die organisatorischen Aufgaben und das Einarbeiten in diese Materie erfordert natürlich viel Zeit – aber da es für die eigene Sache ist, macht man das ja gerne. Wir  haben mit unser Live-CD intensiv Promotion gemacht und werden in 2007 auf einigen Festivals vertreten sein und auch wieder mehr Clubgigs als in den vergangenen Jahren spielen. Daneben bereiten wir den Release einer DVD vor – die eventuell schon über unseren Webshop erhältlich sein wird, wenn ihr das lest – und arbeiten weiterhin an neuen Songs für unsere nächste Studio CD.

BP: Die Musik, die ihr spielt, ist ja nun nicht gerade massenkompatibel. Wie schafft ihr es, dennoch viel mit dem Projekt unterwegs zu sein und es nach vorne zu treiben?

CVK: Das kann nur klappen, wenn jeder voll hinter der Sache steht und sich dafür einsetzt. Ein Vorteil ist sicher, dass wir nur zu dritt sind – da fallen die Transportkosten schon niedriger und die Gagen höher aus als wenn man mit einem Quintett anrückt. Wenn sich unsere Songs in einer annähernd gleich hohen Rotation befänden wie die z.B. von Robbie Williams, wären wir sicherlich auch im Ansatz massenkompatibel 😉 ….aber das ist sicherlich ein anderes Thema über die Radioformate und die Möglichkeiten, Musik wie die der Jazz Pistols zu Gehör zu bringen.

BP: Ihr seid ja bereits in sehr vielen, auch außereuropäischen Ländern unterwegs gewesen. Wie läuft denn das Booking bei den Jazz Pistols? Habt ihr eine Agentur, oder macht ihr das alleine?

CVK: Das liegt alles in unserer Hand – da kann man leider  wenig auf Mithilfe von Agenturen hoffen, die ihren Schnitt über einen Prozent-Deal machen wollen. Das ist für die bei vielen kleineren Clubgigs dann einfach nicht rentabel. Bei den Afrikatouren und der Tour in den Balkan ging die Organisation und Einladung vom Goethe Institut aus.

BP: Was für Eindrücke hast du beispielsweise aus Afrika mitgenommen?

CVK: Es waren neben den musikalischen vor allem menschliche Erfahrungen, die wir mitgenommen haben. Bei den Touren waren wir meist nur knapp zwei Tage an einem Ort – da geht alles wie im Zeitraffer. Auf jeden Fall bin ich relaxter in Bezug auf meine Lebenssituation geworden…wenn man erstmal hautnah erlebt wie es da unten teilweise abgeht, da braucht man sich hier wirklich nicht zu beklagen.

BP: Leben werdet ja ihr sicherlich nicht von der Band. Wie finanzierst du dich? Gibst du Unterricht oder spielst du in Galabands etc.?

CVK: Die Jazz Pistols bestehen seit zehn Jahren und wir arbeiten daran sie so aufzubauen, dass man mit Konzerten / CD-Verkäufen / Workshops etc. einen größeren Anteil abdecken kann – allerdings übersteigen momentan unsere Investionen bei weitem die Einnahmen – von der Arbeitsleistung ganz zu schweigen. Daneben gebe ich noch Unterricht, betreue unser Studio und mache Aufnahmen für Bands – meist Rock und Jazz, aber auch schon mal im klassischen Bereich. Da ich den kompletten Internetauftritt der Jazz Pistols aufgebaut habe und betreue, programmiere ich auch Auftritte für andere. Es sind einfach mehrere Standbeine, die sich gegenseitig abstützen. Da professionelle Hunderennen hierzulande ja verboten sind, muss ich auf die finanziellen Zusatzeinkünfte durch meinen russischen Windhund schweren Herzens verzichten 😉 

BP: Du hast auch einige Zeit in den Bands von Jule Neigel und Uwe Ochsenknecht gespielt. Machst du solche Pop-Jobs noch?

CVK: Momentan nicht – bei Jule war es eine Art Tourvertretung für Frank Itt für einige Gigs und bei Uwe habe ich zwei- drei Jahre gespielt. Wenn sich wieder was ergibt, würde ich es gerne machen – ich versuche generell möglichst variabel in den Stilen zu sein – spiele noch Soul/Jazz mit „Jazzmachine“ aus München und Modern Jazz mit dem „Regina Litvinova Trio“ aus Ludwigshafen und Cover-Rock mit dem „Blassen Bertram“  neben verschiedenen anderen Einsätzen. Ein neues Projekt ist Linos – ein Quartett mit Stefan Ivan Schäfer / Guitar von den Jazz Pistols, Dominik Steegmüller am Gesang und Tilman Bruno/Percussion.

 

BP: Dein Fodera klingt auch sehr jazz-bassig und kommt somit dem Jaco-Ton sehr nahe, ist aber ein Sechssaiter. Was schätzt du an diesen Instrumenten aus New York?

CVK: Die Foderas haben einen eigenen Charakter, der selbst bei so unterschiedlichen Spielertypen wie Victor Wooten, Anthony Jackson oder Richard Bona immer präsent ist. Ich habe meine beiden Foderas, einen VI-string fretted und einen fretless nun schon seit zehn Jahren und habe damit meinen Sound gefunden. Seit kurzem besitze ich allerdings auch einen Ritter Okon VI-string Midi von Jens Ritter, der mit seiner geschraubten Halskonstruktion und meiner Holzauswahl bewusst in eine andere Richtung als die Foderas geht und der ein tierischer Bass geworden ist. Ich habe über die Piezo-Tonabnehmer einen eingebauten Midiausgang, mit dem ich meine Tappingchords bei den Jazz Pistols direkt über einen Yamaha G50 und ein Klangmodul in Flächensounds umwandeln kann. Sowohl die Foderas als auch der Ritter sind einfach in der Topliga – was nicht heißen soll, dass man mit einem billigen Bass nicht auch gut spielen kann….jeder hat da halt seine Vorlieben.

BP: Du hast ein Endorsement bei Fodera und nennst zwei Bässe dein Eigen. Was für einen Deal habt ihr?

CVK: Der Kontakt zu Fodera kam damals durch die erste Jazz Pistols CD und Mark Dronge von DR-strings zu stande, die ich auch endorse. Ich konnte mit ihnen meine Vorstellungen besprechen und sie haben mir einen fairen Artist-Preis gemacht.

BP: Außerdem spielst du inzwischen nicht mehr deinen heiß geliebten Walter-Woods-Amp, sondern Equipment von Accu Groove. Wie kam’s?

CVK: Die Frage nach meinem Walter Woods lässt mein Herz bluten und die Story, die dahintersteckt, würde den Umfang dieses Interviews sicherlich sprengen – nur soviel: Walter Woods weigert sich generell an Europäer zu verkaufen und man bekommt sie höchstens über eBay. Ich hatte das Glück einen zu ergattern, der hatte dann aber nach einer Weile einen Defekt und hier kennt sich keiner mit dem Ding aus, da Walter alle Bestandteile unkenntlich macht. Bei dem Versuch ihn an Walter zu schicken, ist er dann in den Wirren von Wirbelsturm Kathrina und anderen Unwegbarkeiten abhanden gekommen…ein teures Vergnügen – aber ich hätte trotzdem gerne wieder einen… momentan verrichtet ein Acoustic Image Focus II seine Dienste bei mir zusammen mit zwei AccuGroove Tri112. Das ganze Paket ist super leicht und dabei sehr druckvoll – ein echter Glücksfall.

BP: Übst du noch viel? Wenn ja: Woran arbeitest du gerade?

CVK: Aufgrund der ganzen Labelarbeit ist mein Übungspensum in letzter Zeit schon sehr in die Knie gegangen – allerdings versuche ich konstant zu arbeiten. Am liebsten an neuen Ideen für die Jazz Pistols, die einen musikalisch immer wieder herausfordern und voranbringen.

BP: Was war dein lustigstes „Live-Missgeschick“?

CVK: In Heidelberg bin ich mal von der Bühne gefallen (nein – ich bin Antialkoholiker, war einfach ein „Missgeschick“…) allerdings galt damals mein einziger Gedanke meinen Fodera zu schützen und deshalb war der Sturz relativ unsanft für den Körper – dafür ist der Bass heil geblieben…ist doch auch was.

BP: Was für Zukunftspläne hast du?

CVK: Wenn sich nach diesem epochalen Interview keine 25 Leute finden, die eine Jazz Pistols CD kaufen, werde ich mich wohl beruflich anders orientieren müssen….vielleicht doch was mit Hunderennen 😉

BP: Danke für deine Zeit und alles Gute für dich und deine Projekte, Christoph!

CVK: Vielen Dank Lars – dann hänge ich hier zum Abschluss noch unsere Seite dran, bei der man alle unsere CDs zum guten Preis ergattern kann => http://www.jazz-pistols.de

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