Jazz Pistols: Porträt – Bergsträsser Anzeiger 03/08

Energy-Jazz von der Bergstraße
Porträt: Kompakter Klang und mitreißende Improvisationen – Das Heppenheimer Trio „Jazz-Pistols“ tritt mittlerweile in mehr als dreißig Ländern auf

HEPPENHEIM. Es hat sich eingebürgert, dass Berufs-Musiker in mehreren Gruppen spielen. Da versteht es sich von selbst, dass gefragte Bands jedes Instrument mehrfach belegen, was zur Folge hat, dass sie bei ihren Auftritten oft anders besetzt sind und sich die Musiker immer wieder neu aufeinander einstellen müssen. Hier fallen die „Jazz-Pistols“ aus dem Rahmen: Seit ihrer Gründung im Jahre 1995 ist das Trio bei vielen hundert Auftritten immer mit denselben drei Mitgliedern aufgetreten. Eine solche Kontinuität ist hörbar. Das erkennen nicht nur die eingefleischten Jazz-Fans, sondern immer mehr junge Leute, denen der Techno-Beat zu monoton daher kommt.
Das ist auch den Goethe-Instituten aufgefallen, für die sie gerade eine Tournee durch Afrika und durch die ehemaligen Ostblockstaaten absolvierten. In über dreißig Ländern sind sie schon aufgetreten, vom intimen Club mit dreißig Personen bis zum Jazz-Fest in Litauen vor über zehntausend Zuhörern.

„Wir spielen Energy-Jazz“, erklärt der Bassist Christoph Victor Kaiser, „doch dabei steht immer die Melodie im Vordergrund.“ Die Improvisationen sind recht virtuos. Bass und Schlagzeug erstellen dazu ein filigranes Fundament vielfarbiger Begleitmuster. Das klingt nach einem Gegenentwurf zu den gesampelten „Loops“ (einzelne Melodieteile, die fortlaufend wiedergegeben werden) und „Overdubs“ (mehrere, gleichzeitig abgespielte Loops), die gerade bei kleinen Besetzungen so typisch für zeitgenössische Jazz-Arrangements geworden sind, weil sie mehr Klang hergeben. Da die „Pistols“ aber Wert auf authentische Musik legen, verwenden sie solche Techniken nicht.

Kaiser ist einer der bekanntesten deutschen Bassisten. Der Sechsunddreißigjährige war Stipendiat des „Berklee College of Music“ in Boston und spielt auf seinem sechssaitigen Instrument gleichzeitig Bass-Läufe und Harmonien. Über eine so genannte Midi-Schnittstelle steuert er mit seinem Bass elektronische Klangerzeuger und Synthesizer, so dass er auf der Bühne schon mal ein komplettes Orchester ersetzen kann. Durch eine ausgefeilte „Tapping“-Technik fasziniert sein Spiel auch optisch die Zuhörer.

Die Gitarre spielt Stefan Ivan Schäfer (41). Er gilt als einer der vielseitigsten deutschen Gitarristen, und es ist vor allem sein unverwechselbarer Ton, der den „Jazz-Pistols“ ihren typischen Klang gibt. Er ist außerdem mit eigenen Kompositionen erfolgreich, unter anderem auch auf den Aufnahmen von Uwe Ochsenknecht zu hören.

Der Schlagzeuger Thomas Lui Ludwig ist mit 43 Jahren der Nestor des Trios. Er hat mit Jule Neigel, Vanilla Ninja, Chaka Khan und vielen anderen zahlreiche Alben eingespielt, lehrt an der Popakademie Mannheim und ist bei den „Pistols“ vor allem für die krummen, die ungeraden Takte (etwa 5/4, 7/4, 9/4, 11/4) zuständig.

Gerade ein Trio ist gezwungen, sich möglichst vieler Facetten zu bedienen. Konzept der „Pistols“ ist es daher, mitreißende Melodien und Improvisationen in die Struktur von Harmonie und Rhythmus einzubetten. Ob es ein Risiko ist, mit profilierten Musikern nach einem kompakten Gesamtklang zu streben? „Bei den Jazz-Pistols ist das kein Problem“, lacht der Bassist und lüftet das Geheimnis des Erfolges: „Jeder ist bereit, seinen individuellen Stil der Gruppe unterzuordnen und ihn gegebenenfalls so lange zu verändern, bis alle zufrieden sind.“

Die „Jazz-Pistols“ spielen am 5. April um 20 Uhr im Alten E-Werk in Heppenheim, Wilhelm-Rathenau-Straße/Ecke Liebigstraße. CDs und weitere Informationen gibt es im Internet unter: www.jazz-pistols.de.

Marc Mandel
19.3.2008

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